Der EU Data Act bringt für Maschinen- und Anlagenbauer nicht nur neue Chancen, sondern auch Herausforderungen mit sich. Dabei sind die damit einhergehenden Veränderungen im Kern nichts Neues. Bereits seit einem guten Jahrzehnt wird überall in der Industrie betont, dass Daten das „neue Öl“ sind. Dennoch ist deren tatsächliche Nutzung innerhalb von Unternehmen überschaubar geblieben. Der EU Data Act könnte endlich für Veränderung in diesem Bereich sorgen: Indem das Gesetz Maschinenbetreiber dazu verpflichtet, maschinengenerierte Daten zugänglich zu machen, können sowohl Maschinenbauer als auch Fabrikbetreiber diese zu ihrem Vorteil nutzen. Maschinen- und Anlagenbauer sollten daher spätestens jetzt den Wert der Daten für ihr Geschäftsmodell erkennen und aktiv darauf reagieren. In diesem Artikel zeigen wir, wie das geht.
Die Datenökonomie vertraglich verankern
Mit dem Inkrafttreten des EU Data Act werden Maschinenbauer verpflichtet, Betreibern ihre Maschinendaten zugänglich zu machen. Doch um langfristig erfolgreich zu bleiben und sich gegen Wettbewerber zu behaupten, müssen sie auch sicherstellen, dass sie selbst Zugang zu den relevanten Daten haben. Dies sollte bereits beim Verkauf der Maschinen vertraglich geregelt werden. Auf diese Weise kann sichergestellt werden, die Maschinendaten zu erhalten, die für die Weiterentwicklung und Optimierung der eigenen Maschinen und Prozesse von Bedeutung sind.
Welche Daten sind für Maschinenbauer wichtig?
Nicht alle maschinengenerierten Daten sind für Maschinenbauer von gleichem Wert. Beispielsweise sind Produktionsdaten, die sich nur auf spezifische Aufträge beziehen (z. B. Start- und Endzeitpunkt des Produktionsablaufs) für übergeordnete Planungssysteme, aber nicht für Maschinenbauer von Bedeutung.
Maschinenbauer sollten sich vor allem auf Daten rund um die Maschine und den auf ihr implementierten Prozess konzentrieren. Diese können ihnen helfen, ihre Kernkompetenzen zu schützen, zu nutzen und weiterzuentwickeln. Das Oberziel sollte es stets sein, das eigene Knowhow für sich selbst und den eigenen Kunden gewinnbringend einzusetzen. Das betrifft in erster Linie:
- Die Maschine als mechatronisches System: Daten, die Informationen über den Betrieb der Maschine selbst liefern, z. B. Zustandsdaten oder Verschleißparameter.
- Den Prozess als Intellectual Property: Daten, die den Technologieprozess betreffen und die Symbiose aus Maschine, Werkzeug und Software abbilden (z.B. Optimierung von Schnittgeschwindigkeiten oder Presskräften).
Für Maschinenbauer stellen sich dabei zentrale Fragen wie:
Die damit zusammenhängenden Daten rund um die Maschine und ihre Integration in Produktionsprozesse sind entscheidend, um das eigene Knowhow zu schützen und gleichzeitig den Maschinenbetreibern eine höhere Produktivität durch datenbasierte Services zu bieten.
Handlungsbedarf durch EU Data Act: Was Maschinenbauer jetzt tun müssen
Die Neuerungen im Rahmen des EU Data Acts können vielfältige Chancen für Maschinenbauer bieten – aber nur unter bestimmten Voraussetzungen. Trotz der neuen Regelungen sind Maschinenbetreiber nämlich nicht dazu verpflichtet, ihre Daten an die jeweiligen Maschinenbauer weiterzugeben. Somit müssen Maschinenbauer dafür sorgen, dass sie ihren Kunden Anreize bieten, Maschinendaten mit ihnen zu teilen.
Praxisbeispiel
Angenommen, eine Maschine hat einen internen Betriebsstundenzähler, der anzeigt, wann bestimmte Komponenten wie der Vorschub gewartet werden müssen (z. B. alle 5.000 Betriebsstunden). Der Betreiber könnte diese Informationen eigenständig überwachen und ein internes Wartungssystem aufbauen – dies ist jedoch mit Aufwand verbunden. Ein attraktives Angebot wäre es daher, wenn der Maschinenbauer diesen Service im Austausch für die für ihn interessanten Maschinendaten übernimmt.
Zusätzlich ergeben sich für den Maschinenbauer weitere Geschäftsmöglichkeiten wie Wartungs- oder Ersatzteilverträge, die auf der tatsächlichen Nutzung der Maschine basieren. Auch der Kundensupport kann durch den Zugang zu diesen Daten verbessert werden: Wenn der Betreiber bei der Hotline des Maschinenbauers anruft, sieht dieser den Nutzungs- oder vielleicht sogar Gesundheitszustand der Maschine ein und kann schneller Lösungen finden.
Die Chancen des EU Data Act für die Industrie
Der EU Data Act zwingt Maschinenbauer, sich in der digitalen Welt neu zu erfinden. Wir nennen diese Welt „Industrial Service Experience“, die neue Chancen zur Differenzierung und Umsatzgenerierung bietet. Dabei profitieren Maschinenbauer von ihrem einzigartigen Knowhow: Niemand versteht die Maschine und den darauf laufenden Prozess so gut wie sie.
Die Digitalisierung und die Verfügbarkeit von Maschinendaten eröffnen ein völlig neues Level an Serviceangeboten – von Predictive Maintenance bis hin zu datengetriebenen Optimierungen. Dies bietet nicht nur neue Differenzierungs- und Umsatzpotenziale, sondern hilft auch, den Herausforderungen des Fachkräftemangels und der zunehmenden Flexibilisierung von Wertschöpfungsketten gerecht zu werden.
Fazit: Maschinenbauer müssen jetzt handeln
Der EU Data Act stellt Maschinenbauer vor Herausforderungen, bietet aber auch große Chancen. Sie müssen jetzt proaktiv handeln, um ihre Position in der neuen datengetriebenen Welt zu sichern. Dies bedeutet vor allem, frühzeitig die richtigen vertraglichen Grundlagen zu schaffen, relevante Daten zu identifizieren und digitale Serviceangebote zu entwickeln, die Kunden an das eigene Unternehmen binden. Wer diese Chancen nutzt, wird nicht nur seine Wettbewerbsfähigkeit sichern, sondern auch seine Rolle in der entstehenden Datenökonomie stärken.